Vor vielen, vielen Jahren ging an einem Sonntagmorgen der
Pfarrer aus Breitau nach seiner Tochterkirche Weißen-
born. Als er den Grund vor Weißenborn, welcher die
Hölle genannt wird, durchschreiten wollte, erblickte
er auf einmal einen Bauer auf dem Felde
beim Arbeiten. Darüber war der Seelsorger
höchst verwundert, ging voller Entrüstung
auf ihn zu, um den Sabbatschänder zu
rügen. Doch als er den Mann erreicht zu haben
glaubte, war er seinen Augen entrückt. Kaum aber
hatte er seinen Weg fortgesetzt, als der Bauer wieder
auf dem alten Flecke arbeitete, und so oft der Pfarrer ihn
von neuem zu erreichen suchte, dann war er jedes Mal
verschwunden. In Weißenborn warteten die Bauern auf
ihren Pfarrer. Endlich kam er an mit
bleichem verstörtem Gesicht. Wie er
aber ihnen die Ursache erzählte, lachten sie und
sagten, dass ihnen jener Bauer auch schon zu Gesicht gekommen wäre, und sie berichteten ihm die Geschichte, die von ihren Vorfahren auf sie herübergekommen war:

Vor vielen hundert Jahren habe in ihrem Dorfe ein Bauer gelebt, dessen Herz vom Gift der Habsucht und des Geizes überwuchert gewesen sei. An jedem Sonntagmorgen, während die übrigen Dorfbewohner in der Kirche Gottes Wort lauschten, sei er ins Feld gegangen und habe, sein Besitztum an Äckern und Wiesen zu vergrößern, heimlich die Grenzsteine zu seinen Gunsten versetzt. Seine Mitmenschen hätten es wohl gewusst, ihm aber nichts nachweisen und nur dem Bibelwort vertrauen können: "Ich will vergelten, spricht der Herr." Als er starb, sei er deshalb zur ewigen Unruhe an der Stätte seiner Vergehen verdammt und warte nun unter Seufzen und Stöhnen, bis ihn jemand erlöst.



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