Die alte Bergstadt Sontra besaß über dreihundert Jahre 
das Hänselrecht.
Das "Hänseln" einen Brauch, der 
jahrhundertelang in Sontra geübt wurde, führt 
man zurück auf dereinst verliehene Gnand- 
enerweise, Freiheiten und Privilegien sowie 
auf die Zugehörigkeit zum Städteverein 
der Freien Hanse.
Alle Markt- 
händler mussten bestimmte 
Gebräuche über sich ergehen 
lassen und "Hänselgeld" bezah- 
len bevor sie Mitglied der Hanse 
wurden, die auch "Boschband" 
oder "Baßband" hieß.
Der merkwürdige 
Name kommt von "Börse". Dies war, wie 
die Hanse auch eine Gesellschaft mit einer 
Gemeinschaftskasse und nur wer dazu gehör- 
te, durfte auf Sontras Märkten Handel treiben. 
Die älteste Händlervereinigung Sontras hieß nicht 
"Hanse" sondern "Boschband, Baßband, Bußband",
 auch "Bußbandergesellschaft" oder "Boßbanderzunft". Die 
Mitglieder waren die "Bußbandergenossen".
In "Bosch" oder "Buß" steckt das Wort Börse, mittelhochdeutsch "burse", ein Haus, das von einer aus einem gemeinsamen Beutel lebende Gesellschaft bewohnt wird; aus einer Kasse zehrende Gesellschaft von Studenten, Handwerkern, Soldaten. 
Der "Boschband" war eine solche Gesellschaft. Er übte ursprünglich alle Markthänselungen in Sontra aus.
Zur Zeit des ältesten erhaltenen Hänselbuches (1572-1693) blieben auch die Sontraer Händler nicht verschont. 
Jeder der auf Sontras Märkten, damals gab es in Sontra sieben große Märkte,  verkaufen wollte, musste zwei Paten mitbringen und mit ihnen vor den Hänselmeister und seine beiden Knechte treten. Dort bezahlte er einen Geldbetrag und wurde von Hänselmeister in das Hänselbuch eingeschrieben. 
Die erfolgte Hänselung berechtigte nur zum Verkauf einer Warenart. Wollte zum Beispiel ein Kleintuchhändler auch große Tücher verkaufen, musste er sich zusätzlich  für einen Gulden  in die Hanse aufnehmen lassen.
Die Hänsel- 
meister wurden entweder von den Bürgermeistern oder 
den Zünften eingesetzt.
Unabhängig davon wurden 
alle Junggesellen, die zum ersten Mal an einer 
großen Schenkhochzeit teilnahmen, gehänselt. 
Damit waren sie in den Kreis der Männer 
aufgenommen. 
Die Schenkhochzeiten spielten in Sontra 
eine große Rolle. Die Schenke war im Rathaus; 
Festsaal, Küche und Küchengeräte stellte die Stadt 
kostenlos zur Verfügung. Wenn ein Bürgersohn oder 
Fremder eine Schenkhochzeit in Sontra beging und vor
 Jahresfrist wegzog, "der sall der Stadt ein Gülden geben"
 (Stadtbuch 1544). Brauteltern erhielten ein zusätzliches 
Braulos und Bürgermeister und Rath stifteten mehrere Maß Wein. Für 
die Tischordnung gab es landesfürstliche Vorschriften und jeder Hochzeiter musste einen "marchal" bestellen, der über den ordnungsgemäßen dreitägigen Festverlauf zu wachen hatte. 
In 1775 wurde die Hanse verboten. Die Hochzeitseintragungen enden 1783, das Marktbuch wurde bis 1847 weitergeführt. Obwohl der Brauch verboten war, blieb das Wort noch lange erhalten.
Der Hänselmeister ist heute eine Symbolfigur in Sontra. Er tritt bei festlichen Veranstaltungen und bei Veranstaltungen der in 1975 neu gegründeten Hanse - Gilde Sontra auf.